Oberst Dr. Robert Nünlist-Degen  (1911 - 1991)


Im Jahr 2006 feierte die Welt zusammen mit den Schweizern das glanzvolle Bestehen “500 Jahre Päpstliche Schweizergarde”.


Nur wenige sind sich heute bewusst, dass ohne den Einsatz und die exzellenten Beziehungen von Oberst Nünlist zum damaligen “Papabile“, Kardinal Benelli, 1971 unter Papst Paul VI. nicht nur die Vatikanische Palatin- und die Nobelgarde, sondern auch die Schweizergarde abgeschafft worden wäre!

















                           Foto: Kardinal Benelli und Oberst Nünlist


Dank Oberst Nünlists gradlinigem und konsequent dem Dienstreglement folgendem Führungsstil, dank seiner Disziplin sowie seiner besten Beziehungen zu Kardinal Benelli gelang es, die Schweizergarde dem Vatikan auch für die Zukunft zu erhalten und zu sichern!



500 Jahre dienen die Schweizer nun im Vatikan: 'ad multos annos!'


Der Dokumentarfilm zum 500-jährigen Bestehen der Schweizergarde von Felice Zenoni “Die Soldaten des Papstes“, der am Gründonnerstag, 13. April 2006, um 20.00h auf SF1 ausgestrahlt wurde, stellt diese Tatsache, dass die Garde ohne das Wirken von Oberst Nünlist abgeschafft worden wäre, äusserst vorsichtig  dar!


Nach dem Tod des Kommandanten Heinrich Pfyffer von Altishofen übernahm Oberst Nünlist 1957 das Kommando der Päpstlichen Schweizergarde. In seiner 15-jährigen Amtszeit war er ein strenger, aber gerechter und korrekter Offizier.


Nünlists bester Schulfreund, welcher ihn durch 61 Jahre seines Lebens begleitete, war Erzbischof Bruno Heim, Privatsekretär von Kardinal Roncalli, Nuntius in Paris, dem späteren Papst Johannes XXIII. Nicht zuletzt dieser Beziehung ist es wohl zu verdanken, dass Papst Pius XII. 1957 Oberst Nünlist zum Kommandanten der Schweizergarde berief und nicht den damaligen Vizekommandanten, Oberstleutnat Ruppen, welchem Oberst Heinrich Pfyffer von Altishofen die Nachfolge versprochen hatte. Die Ernennung des Gardekommandanten im Rang eines Obersten erfolgt jeweils durch den Papst, da die Schweizergarde die Leibwache des Heiligen Vaters ist. Zum Zeitpunkt seiner Ernennung zum Kommandanten durch Papst Pius XII. war Nünlist in der Schweiz als Oberst im Generalstab Stabschef des 2. Armeekorps und auch Kommandant der Infanterieschulen und des Waffenplatzes Luzern.


Papst Pius XII. suchte eine aussenstehende Führungspersönlichkeit, weil sich im Päpstlichen Korps in den letzten Jahren einige Probleme gezeigt und dienstliche Unsitten breit gemacht hatten. So verkauften zum Beispiel erfahrene Gardisten den jüngeren ihren Dienst, damit sie sich ein Zubrot als Fremdenführer in der ewigen Stadt verdienen konnten. Oberst Nünlist hatte konsequent „römische Sitten“ zu beseitigen, die den Dienstbetrieb und die Aufgabenerfüllung behinderten. Er selber war Vorbild. Was er verlangte, das hatte nicht nur für die Gardisten Gültigkeit, sondern auch für ihn.


Viele Neuerungen prägten seine Kommandozeit. Jahresberichte mit Bildern dokumentierten das Leben in der Garde, Zahlen und Fakten gaben Aufschluss über Bestand und Auftrag der Garde. In den damaligen Jahren der Hochkonjunktur war es schwierig, genügend junge Männer für die Schweizergarde zu gewinnen. Er setzte sich für eine Verbesserung der Schlafräume sowie für die Installierung von Heizungen in den Zimmern der Gardisten ein. Ausserdem führte er die leichtere Sommeruniform in traditioneller Machart ein, um seinen Gardisten die Wache in der römischen Sommerhitze etwas zu erleichtern. Um mehr Kontinuität im Gardebetrieb zu erreichen, wurde ausserdem der Zweijahresvertrag für Neueintretende eingeführt. Vereidigungen fanden im eindrucksvollen Damasushof statt. Dr. phil. Robert Nünlist, ein exzellenter Kenner der römischen Geschichte und der Stadt Rom machte für die Gardisten selbst Führungen durch die Ewige Stadt, die auf grosses Interesse stiessen und sehr beliebt waren.


Einige Gardisten hatten allerdings Mühe mit Nünlists notwendigem strengem Führungsstil. Hatte schon seine Berufung zum Kommandanten der Garde hatte an einigen Stellen für Unmut gesorgt, so gab es im dienstlichen und menschlichen Bereich Aufgaben zu lösen, die konfliktträchtig waren und manchmal auch harte und konsequente Entscheidungen verlangten. Der Verein ehemaliger Päpstlicher Schweizergardisten zerstritt sich in Versammlungen über die „Kommandoaffäre“, was zu einer vorübergehenden Aufsplitterung in zwei Verbände führte. Im gleichen Zeitraum (8. April 1959) erfolgte ein Attentat auf Gardekommandant Nünlist durch einen ehemaligen Gardisten. Oberst Nünlist, schwer verletzt, kurzzeitig sogar klinisch tot, konnte glücklicherweise gerettet werden und seinen treuen Dienst für den Heiligen Stuhl wieder aufnehmen.


Nach dem Tod von Papst Pius XII. im Jahre 1958, folgte der bei den Gläubigen heute noch äusserst beliebte Papst Johannes XXIII. auf den Stuhl Petri. Dieser Papst sorgte in seiner kurzen Amtszeit für einige Neuerungen. Er war der erste Papst, welcher sich wieder aus dem Vatikan herauswagte, nachdem die Päpste vorher Jahrzehntelang wie Eingeschlossene im Vatikan gelebt hatten. Diese Haltung ging noch auf Unstimmigkeiten mit dem Italienischen Staat aufgrund der Lateranverträge und auch des Krieges zurück. Papst Johannes XXIII. besuchte mit Oberst Nünlist als persönlichem Leibwächter nicht nur Assisi, sondern auch Venedig. Jene beginnende Reisetätigkeit eines Papstes erforderte ein komplett neues Sicherheitsdispositiv der Garden. Spätestens seit dem Amt von Papst Johannes Paul II. ist die Reisetätigkeit eines Papstes sozusagen zum Usus geworden und das Sicherheitsdispositiv eingeübt. Damals jedoch war alles neu und sorgte für einige Aufregung und rote Köpfe.


Dazu gibt es noch folgende Geschichte im Vorfeld der ersten Auslandreise eines Papstes: Papst Paul VI. hatte sämtlichen Garden verboten, mit ihm nach Jerusalem zu kommen. Er wollte stattdessen, dass sie 'zuhause' im Vatikan für ihn Gebetswachen halten würden, er wolle als Friedenspapst nach Jerusalem pilgern.

Die anderen Garden hielten sich nicht an den Befehl des Papstes und schickten schon im Vorfeld der Papst-Reise Detachements nach Jerusalem. Ganz anders die Schweizergarde: Oberst Nünlist befahl tatsächlich, wie der Papst es gewünscht hatte, spezielle Gebetswachen  abzuhalten und den lieben Gott allein für den Schutz des Papstes auf seiner Reise anzurufen.


Als der Papst bemerkte, dass die anderen Garden sich nicht an seine Befehle gehalten hatten, war dies mit ein Grund dafür, dass 1970 die Palatin-, die Nobelgarde und die damalige Gendarmerie abgeschafft wurden.


Eine besondere Herausforderung stellte die Zeit des II. Vatikanischen Konzils (1962 – 65) dar. Zudem starb während des Konzils Papst Johannes XXIII. und Papst Paul VI. erstieg den Thron der Einen und Einzigen Römisch Katholischen Kirche. Ein Konklave und ein Konzil zur selben Zeit bedeutete für die Schweizergarde und die damals noch vorhandenen anderen Garden eine noch nie da gewesene Aufgabe. Die Gardeangehörigen hatten in den Konzilsjahren grosse Mehrleistungen zu erbringen. Die Garde hatte unter Anderem die Ehre, täglich zu Beginn der einzelnen Sitzungen in Uniform Wacht- und Ehrendienst zu leisten. Das brachte ihr Lob und Anerkennung von Konzilsvätern aller Nationen ein.


Der Kommandant der Päpstlichen Schweizergarde war damals zudem noch „Botschafter der Schweiz“ beim Heiligen Stuhl, da eine spezielle Botschaft für die Schweiz im Vatikanstaat noch nicht existierte. So richteten der Kommandant und seine Gattin, Donna Alice Nünlist-Degen, fast täglich Essen für diese und jene Delgation von Bischöfen und Kardinälen aus, welche am Konzil teilnahmen. Das Ringen um neue religiöse Inhalte und Riten erlebte das Kommandantenpaar hautnah.


Gesundheitlich gezeichnet musste er 1972 nach zwei Herzinfarkten seinen Rücktritt als Gardekommandant erklären. Er kehrte in die Schweiz zurück und verbrachte seine weiteren Jahre in Kappel bei Olten. 1991 starb Oberst Nünlist nach kurzer schwerer Krankheit. Er ist in aller Schlichtheit auf dem Friedhof Meisenhard in Olten beigesetzt.


Im Alter merkte man dem greisen Obersten trotz seiner glanzvollen Karriere eine gewisse Trauer an, dass er wegen des Aktivdienstes 1939 – 1945 nicht Philosophie- und Geschichts-Professor hatte werden können. Seine brillante Dissertation erschien unter dem Titel:

Das Recht der Einmischung, Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde des Angelikum in Rom. In der Einleitung lesen wir folgenden Text, welcher Oberst Nünlists lebenslange Begeisterung für Philosophie und Geschichte bestens widerspiegelt:

"Mit Staunen vernehmen wir die Geschichte grosser Männer und Völker, die beste Kräfte einsetzen für die Errichtung und Erhaltung von Staatswesen. Die Namen der Pharaonen, der Grosskönige, der Imperatoren; eines Alexander, Cäsar, Karl des Grossen, Napoleon sind allbekannt. Unauslöschlich sind in der Geschichte die Taten der Ägypter, Babylonier, Assyrier, Perser, Karthager, Griechen, Römer, Deutschen, Spanier, Franzosen, Engländer usw. eingetragen, um nur einige zu nennen. - Etwas Grosses und Wichtiges muss so ein Staatswesen sein, wo edelste Kräfte des Geistes und Blutes der Menschheit ihm sich ein- und untergeordnet und aufgeopfert haben.

Die Hochgeister aller Zeiten haben sich um die Ergründung der vielen Fragen bemüht, welche diese Staatswesen aufwerfen. Zwar sind bei der philosophischen Untersuchung dieser Einrichtung viele Irrtümer unterlaufen, weil Wahrheitserkenntnis schwierig ist und viel Zeit braucht. Doch haben erleuchtete Geister manche Wahrheit erkannt, begründet und weitergebildet, die uns einen Einblick in die wahre Natur des Staates gewähren. An Hand dieser Lehrer wollen wir einleitend das Wesen und den Zweck der Staaten und ihre Wirkursache darlegen und begründen; ihre gegenseitigen Beziehungen festlegen; sowie die Normen nennen, welche diese Beziehungen regeln und was daraus folgt; - um dann zu unserem Thema überzugehen und zu erforschen, was das vielumstrittene Recht der Einmischung in die Angelegenheiten eines anderen Staates besagt."


Der Zweig der Familie v. Nünlist, mit Heimatort Stadt Luzern, blickt auf eine 807-jährige Familientradition zurück. Als Landvögte der Grafen von Froburg tauchte der Name 1201 zum erstenmal in einem Landkaufsvertrag der Grafen auf. 1357 gab es einen Ritter Ulrich Nünlist, welcher 'eine Niedere' heiratete und deshalb zum 'Edelknecht' degradiert wurde. 1971 jedoch wurde Oberst Dr. Robert Nünlist-Degen, damals als Vatikanischer Diplomat mit seiner ganzen Familie als offizielle ‚Mitglieder der Päpstlichen Familie’, vom Heiligen Stuhl ein „Ritter erster Klasse mit Schulterband des Ordens Pius IX.“, verbunden mit der Erhebung in den Adelsstand (früher Rang eines ‚Pfalzgrafen’) erhoben. Dies, nachdem Oberst Dr. Robert Nünlist-Degen, Kommandant der Päpstlichen Schweizergarde unter 3 Päpsten von 1957 – 1972 schon 1964, zum Ende des 2. Vatikanischen Konzils, den Komtur des Päpstlichen Ordens San Gregorio Magno erhalten hatte (siehe unter ‚Auszeichnungen, Orden und Titel‘).


Ein Bruder des Obersten, Ernst Nünlist, starb ausgangs des Zweiten Weltkrieges, den er im Dienste der  Schweizergarde verbracht hatte, an Tuberkulose. Eine Schwester, Paula Nünlist, lebte als Schwester Angela im Zisterzienserinnen Kloster Eschenbach LU. Pia, eine weitere Schwester, verstarb 1988 und Bruder Otto Nünlist war Priester, als Präfekt des Kinderdorfes Rathausen. Hugo Nünlist war Lehrer, Höhlenforscher und Schriftsteller (Bücher: 'Abenteuer im Hölloch, 'Spitzbergen'), Werner Nünlist war Lehrer in Horw und Luzern.


1937 heiratete Dr. Robert Nünlist Alice Degen aus Olten.


Aus dieser Ehe entsprossen drei Kinder, zwei Töchter und ein Sohn, Rolf Nünlist Flugi van Aspermont. Rolf Nünlist Flugi van Aspermont war Konzertsänger und Gesangspädagoge und wohnt heute, zusammen mit seiner Frau, Frfr. Mathie Danielle Flugi van Aspermont, in Holland. Aus erster Ehe entstammen vier Kinder, zwei Söhne und zwei Töchter.


Donna Alice Nünlist-Degen starb im Juli 2006 hochbetagt in Olten. Beigesetzt ist das Ehepaar auf dem Friedhof Meisenhard in Olten in einem Urnengrab.








Kontakt: Bruno v. Nünlist, www.persuonare.ch

 

Kommandant der Päpstlichen Schweizergarden
unter drei Päpsten!

Bild: Oberst Dr. v. Nünlist-Degen, Kommandant Päpstliche Schweizergarden,
Principe del Drago, Kommandant Päpstliche Nobelgarden,
Général de Gaulle, Präsident Frankreichs